Blog für Philosophie

Schlagwort: Leib

»Denn, wenn man annimmt, daß mit allen unsern Gedanken zugleich irgendeine Bewegung in den Organen des Körpers harmonisch verbunden sei: so wird man so ziemlich begreifen, wie jener plötzlichen Versetzung des Gemüts bald in einen bald in den andern Standpunkt, um seinen Gegenstand zu betrachten, eine wechselseitige Anspannung und Loslassung der elastischen Teile unserer Eingeweide, die sich dem Zwerchfell mitteilt, korrespondieren könne (gleich derjenigen, welche kitzlige Leute fühlen): wobei die Lunge die Luft mit schnell einander folgenden Absätzen ausstößt, und so eine der Gesundheit zuträgliche Bewegung bewirkt, welche allein und nicht das was im Gemüte vorgeht, die eigentliche Ursache des Vergnügens an einem Gedanken ist, der im Grunde nichts vorstellt.«

Quelle

Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft. Hrsg. von Gerhard Lehmann. Stuttgart: Reclam 1963, S. 278f.

»Es ist mit dem Körper nicht anders. Man muß ihn ehren und verteidigen, wenn es sich um seine Emanzipation und Schönheit handelt, um die Freiheit der Sinne, um Glück, um Lust. Man muß ihn verachten, sofern er als Prinzip der Schwere und der Trägheit sich der Bewegung zum Lichte entgegensetzt, ihn verabscheuen, sofern er gar das Prinzip der Krankheit und des Todes vertritt, sofern sein spezifischer Geist der Geist der Verkehrtheit ist, der Geist der Verwesung, der Wollust und der Schande …«

Quelle

Thomas Mann, Der Zauberberg, Frankfurt am Main, S. Fischer, 1952, S. 406 © 1924 S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main. [Settembrini]

Empfehlung: die ‚Sternstunde Philosophie‘ aus dem Schweizer Fernsehen SRF zum Thema ‚Ich pumpe, also bin ich – Jörg Scheller zu Fitness und Körperkult‚.

Hier geht’s zur Sendung.

„Fitness, Ernährung, Schönheit: Der Körper steht im Zentrum unserer Zeit. Was steckt hinter dem Körperkult? Ist der durchtrainierte Körper ein Symbol unserer Leistungsgesellschaft? Die letzte Bastion des Kontrollierbaren? Die neue Religion? Yves Bossart spricht mit dem Kunsttheoretiker Jörg Scheller.

«Ich pumpe, also bin ich», lautet die Devise unserer Tage. Warum ist der Körper so wichtig geworden? Der Kunsttheoretiker Jörg Scheller beschäftigt sich seit Jahren mit dem Körperkult der Gegenwart, mit Muskeln, Bärten und Intimrasuren. Der Professor an der Zürcher Hochschule der Künste besucht selbst regelmässig das Fitnessstudio und hat ein Buch über Arnold Schwarzenegger geschrieben. Scheller meint, der Körper sei zum Kunstwerk geworden und das Fitnessstudio zur neuen Kirche. Am Körper spiegle sich unser Zeitgeist: die kapitalistische Leistungsgesellschaft ebenso wie die Sehnsucht nach Kontrolle in einer komplexen Welt. Was lernen wir daraus? Und wann wird die Fixierung auf den Körper zum Zwang?“ (Quelle: SRF)

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