Blog für Philosophie

Schlagwort: Genie

»Kurzum, zwischen uns braucht’s keinen vierigen Wegscheid im Spesser Wald und keinen Zirkel. Wir sind im Vertrage und im Geschäft, – mit deinem Blut hast du’s bezeugt und dich gegen uns versprochen und bist auf uns getauft – dieser mein Besuch gilt nur der Konfirmation.«

Quelle

Mann, Thomas 2013 [1947]: Doktor Faustus. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch. S. 333.

»Ehe noch die Wahrheit ihr siegendes Licht in die Tiefen der Herzen sendet, fängt die Dichtungskraft ihre Strahlen auf, und die Gipfel der Menschheit werden glänzen, wenn noch feuchte Nacht in den Thälern liegt.«

Quelle

Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Mit den Augustenburger Briefen hrsg. von Klaus L. Berghahn. [Neuner Brief]. Stuttgart: Reclam 2000, S. 33-37.

»Der Mensch wirkt überhaupt entweder durch seine Person, oder sein Werk. Aber der grosse Mensch prägt seine Person auch seinem Werke ein, und erhält dadurch sein Daseyn weit über die Spanne seines Lebens hinaus.«

Quelle

Wilhelm von Humboldt: Werke in fünf Bänden. Hrsg. von Andreas Flitner und Klaus Giel. Bd. 1: Schriften zur Anthropologie und Geschichte. Stuttgart: Cotta 1960, S. 506-515.

»So wisse: Wir stehen dir für die Lebenswirksamkeit dessen, was du mit unserer Hilfe vollbringen wirst. Du wirst führen, du wirst der Zukunft den Marsch schlagen, auf deinen Namen werden die Buben schwören, die dank deiner Tollheit es nicht mehr nötig haben, toll zu sein. Von deiner Tollheit werden sie in Gesundheit zehren, und in ihnen wirst du gesund sein. Verstehst du? Nicht genug, daß du die lähmenden Schwierigkeiten der Zeit durchbrechen wirst, – die Zeit selber, die Kulturepoche, will sagen, die Epoche der Kultur und ihres Kultus wirst du durchbrechen und dich der Barbarei erdreisten…«

Quelle

Mann, Thomas 2013 [1947]: Doktor Faustus. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch. S. 326f.

»Was krank ist, und was gesund, mein Junge, darüber soll man dem Pfahlbürger lieber das letzte Wort nicht lassen. Ob der sich so recht aufs Leben versteht, bleibt eine Frage. Was auf dem Todes-, dem Krankheitswege entstanden, danach hat das Leben schon manches Mal mit Freuden gegriffen und sich davon weiter und höher führen lassen.«

Quelle

Thomas Mann • 2013 • Doktor Faustus (1947) • Fischer Verlag, S. 316f.

»Wird er bleiben und das ungefähre Leben nachlügen, das sie ihm zuschreiben, und ihnen allen mit dem ganzen Gesicht ähnlich werden? Wird er sich teilen zwischen der zarten Wahrhaftigkeit seines Willens und dem plumpen Betrug, der sie ihm selber verdirbt? Wird er es aufgeben, das zu werden, was denen aus seiner Familie, die nur noch ein schwaches Herz haben, schaden könnte? Nein, er wird fortgehen.«

Quelle

Rilke • Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910)

»Lebe mit deinem Jahrhundert, aber sey nicht sein Geschöpf; leiste deinen Zeitgenossen, aber was sie bedürfen, nicht was sie loben.«

Quelle

Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Mit den Augustenburger Briefen hrsg. von Klaus L. Berghahn. [Neuner Brief]. Stuttgart: Reclam 2000, S. 33-37.

»Das will ich meinen, daß eine Unwahrheit von kraftsteigernder Beschaffenheit es aufnimmt mit jeder unersprießlichen tugendhaften Wahrheit. Und ich will’s meinen, daß schöpferische, Genie spendende Krankheit, Krankheit, die hoch zu Roß die Hindernisse nimmt, in kühnem Rausch von Fels zu Felsen sprengt, tausendmal dem Leben lieber ist als die zu Fuße latschende Gesundheit.«

Quelle

Mann, Thomas 2013 [1947]: Doktor Faustus. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, S. 326.

»Um den höheren Menschen herum schliessen die Menschen einen Kreis, in welchem derjenige sich dem Mittelpuncte am meisten nähert, der die grössere Humanität hat. Ihre Geister streben und ringen sich zu vereinigen, und nur Einen Geist in mehreren Körpern zu bilden. Alle sind Ein Verstand und Ein Wille, und stehen da als Mitarbeiter an dem grossen einzigmöglichen Plane der Menschheit. Der höhere Mensch reisst gewaltig sein Zeitalter auf eine höhere Stufe der Menschheit herauf; sie sieht zurück, und erstaunt über die Kluft, die sie übersprang […].«

Quelle

Johann Gottlieb Fichte: Fichtes Werke. Hrsg. von Immanuel Hermann Fichte. Bd. 1: Zur theoretischen Philosophie 1. Berlin: de Gruyter 1971, S. 413-416.

»Wenn das Ziel in weiter Ferne liegt, begreift auch der Dümmste, dass der Weg dorthin lang und beschwerlich und die Reisevorbereitungen umfassend und zeitraubend sind. Da soll einen nur jemand dafür tadeln, noch nicht einmal aufgebrochen zu sein – und noch weniger droht einem Kritik, wenn man, einmal unterwegs, vom Wege abkommt und im Kreis marschiert oder längere Marschpausen einlegt. Im Gegenteil, für das Verirren im Labyrinth und das Scheitern an übermenschlichen Aufgaben gibt es heroische Vorbilder, in deren Licht man dann selbst etwas mitglänzt.«

Quelle

Watzlawik, Paul, Anleitung zum Unglücklichsein, München/Zürich, Piper Verlag, 1987 [1983], S. 65.

»Der Künstler ist zwar der Sohn seiner Zeit, aber schlimm für ihn, wenn er zugleich ihr Zögling oder gar noch ihr Günstling ist.« 

Quelle

Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Mit den Augustenburger Briefen hrsg. von Klaus L. Berghahn. [Neuner Brief]. Stuttgart: Reclam 2000, S. 33-37.

Nur ein Dasein voller Ruh
Und bedachtsame Vernunft
Bleibt von Sturm frei und hält aufrecht
Haus und Hof. Wohnen sie fern auch
In dem Äther, blicken gleichwohl
Auf das Tun sterblichen Volks Himmlische hin.
Nicht ist’s Weisheit, ist man klug
und bedenkt Sterblichsein nicht.
Ist die Zeit kurz doch des Lebens.
Drum wer Großem zu sehr nachjagt,
Kann nicht ernten, was zur Hand ist.
So zu tun, Sache ist’s toller
Und, mir scheint, übelberatner Männer.

Quelle
Euripides, Die Bakchen (Chor), Reclam 2005, S. 17, V. 389-401

»Leidenschaft! Trunkenheit! Wahnsinn! Ihr steht so gelassen, so ohne Teilnehmung da, ihr sittlichen Menschen! Scheltet den Trinker, verabscheut den Unsinnigen, geht vorbei wie der Priester und dankt Gott wie der Pharisäer, dass er euch nicht gemacht hat wie einen von diesen. Ich bin mehr als einmal trunken gewesen, meine Leidenschaften waren nie weit vom Wahnsinn, und beides reut mich nicht: Denn ich habe in einem Maße begreifen lernen, wie man alle außerordentlichen Menschen, die etwas Großes, etwas unmöglich Scheinendes wirkten, von jeher für Trunkene und Wahnsinnige ausschreiten musste.«

Goethe • Die Leiden des Jungen Werther

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