»Der allgemeine Boden für die Komödie ist daher eine Welt, in welcher sich der Mensch als Subjekt zum vollständigen Meister alles dessen gemacht hat, was ihm sonst als der wesentliche Gehalt seines Wissens und Vollbringens gilt: eine Welt, deren Zwecke sich deshalb durch ihre eigene Wesenlosigkeit zerstören.«
Quelle
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik. Dritter Teil. Die Poesie. Hrsg. von Rüdiger Bubner. Stuttgart: Reclam 1971, S. 312f.
Monat: November 2022
»Der Gott des Theismus muß das Lachen im Ernste fürchten: denn er will sich in beständiger Ferne von der Welt behaupten, gibt die Durchdringung des Endlichen und Unendlichen nicht zu, und da beide Momente hiermit für diese Weltanschauung nicht ineinander sind, so erhält sich auch das Unendliche nicht in der Kollision mit dem Endlichen der Erscheinungswelt.«
Quelle
Friedrich Theodor Vischer: Über das Erhabene und Komische – und andere Texte zur Ästhetik. Einl. von Willi Oelmüller. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1967, S. 160-183.
»Aber unsere Technik, die Welt ernst zu nehmen und sie uns zu verbinden, tätig und schauend, deutend und fühlend, hat Lücken im einzelnen wie im Ganzen. Die Dinge überraschen uns durch ihr Aussehen, sie nehmen eine unvorhergesehene Wendung, sie bilden Situationen, zu denen sich kein ernstes Verhältnis mehr finden läßt. Bedeuten solche Überraschungen und Grenzlagen unserer Weltorientierung im Ganzen für uns keine Gefahr, oder haben wir die Kraft, dieser Gefahr gegenüber die Freiheit des Abstandes zu wahren, so finden wir sie – falls die näheren Bedingungen im Phänomen erfüllt sind – komisch.««
Quelle
Helmuth Plessner: Lachen und Weinen. Eine Untersuchung nach den Grenzen menschlichen Verhaltens (1941). In: H.P.: Gesammelte Schriften. Hrsg. von Günter Dux [u.a.]. Bd. 7: Ausdruck und menschliche Natur. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1982, S. 304. – © 1982 Suhrkamp Verlag, Fankfurt am Main.
»Philosophie hat nur einen Sinn als menschliches Tun. Ihre Wahrheit ist wesenhaft die des menschlichen Daseins. Die Wahrheit des Philosophierens ist im Schicksal des Daseins mitverwurzelt. Dieses Dasein aber geschieht in Freiheit. Möglichkeit, Wandel und Lage sind dunkel. Es steht vor Möglichkeiten, die es nicht voraussieht. Es ist einem Wandel unterworfen, den es nicht kennt. Es bewegt sich ständig in einer Lage, der es nicht mächtig ist. All das, was zur Existenz des Daseins gehört, gehört ebenso wesentlich zur Wahrheit der Philosophie.«
Quelle
Martin HEIDEGGER: Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit. Freiburger Vorlesung Wintersemester 1929/30. Herausgegeben von Friedrich-Wilhelm von Herrmann. Klostermann RoteReihe. Band 6. Frankfurt am Main: Klostermann 2010, S. 28.
»Es gibt eine allgemein menschliche seelische Veranlagung, die sich darin äußert, daß wir am Althergebrachten zäh festhalten und nur ungerne auf Neuerungen eingehen. Man hat diese Eigenschaft auch ›natürlichen Konservativismus‹ genannt.«
Quelle
Mannheim, K.: Das konservative Denken. Arch. Sozialswiss.u Sozialpol. 57 (1927), S. 72.
»Ich denke mir, sie hat ihm Dinge über ihn selbst zugeflüstert, die er nicht wußte, Dinge, von denen er keinen Begriff hatte, bis er mit der großen Einsamkeit zu Rate gegangen war – und dieses Flüstern hatte sich als unwiderstehlich und bezaubernd erwiesen. Es fand lauten Widerhall in ihm, weil er innerlich hohl war …«
Quelle
Joseqh Conrad • 1899 • Das Herz der Finsternis
»Sein Sie ein Mann! Wenden Sie diese traurige Anhänglichkeit von einem Geschöpf, das nichts tun kann als Sie bedauern.«
Quelle
Goethe • 1774 • Die Leiden des Jungen Werther
»Was widerstrebst du, Unselige! der Macht, die dich unauflöslich an mich gekettet? Bist du nicht mein! – mein immerdar?«
Quelle
E.T.A. Hoffmann • 1815 • Die Elixiere des Teufels
»Die Jugend hat die Illusion der Hoffnung, das Alter die der Erinnerung.«
Quelle
Kierkegaard, Søren 2005: Die Krankheit zum Tode. München: Deutscher Taschenbuch, S. 88.
»So wisse: Wir stehen dir für die Lebenswirksamkeit dessen, was du mit unserer Hilfe vollbringen wirst. Du wirst führen, du wirst der Zukunft den Marsch schlagen, auf deinen Namen werden die Buben schwören, die dank deiner Tollheit es nicht mehr nötig haben, toll zu sein. Von deiner Tollheit werden sie in Gesundheit zehren, und in ihnen wirst du gesund sein. Verstehst du? Nicht genug, daß du die lähmenden Schwierigkeiten der Zeit durchbrechen wirst, – die Zeit selber, die Kulturepoche, will sagen, die Epoche der Kultur und ihres Kultus wirst du durchbrechen und dich der Barbarei erdreisten…«
Quelle
Mann, Thomas 2013 [1947]: Doktor Faustus. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch. S. 326f.
»Ziemlich in Ruhe gelassen, machte ich frühzeitig eine Reihe von Entwicklungen durch, die ich erst viel später in einer Zeit der Verzweiflung auf Gott bezog, und zwar mit solcher Heftigkeit, daß er sich bildete und zersprang, fast in demselben Augenblick. Es ist klar, daß ich ganz von vorn anfangen mußte hernach.«
Quelle
Rilke • 1910 • Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
»Ich habe ein äußerst rares Gesicht gehabt. Ich hatte ’nen Traum – ’s geht über Menschenwitz, zu sagen, was es für ein Traum war. Der Mensch ist nur ein Esel, wenn er sich einfallen läßt, diesen Traum auszulegen. Mir war, als wär ich – kein Menschenkind kann sagen, was. Mir war, als wär ich, und mir war, als hätt ich – aber der Mensch ist nur ein lumpiger Hanswurst, wenn er sich unterfängt zu sagen, was mir war, als hätt ichs; des Menschen Auge hat’s nicht gehört, des Menschen Ohr hats nicht gesehen, des Menschen Hand kann’s nicht schmecken, seine Zunge kanns nicht begreifen und sein Herz nicht wieder sagen, was mein Traum war. – Ich will den Peter Squenz dazukriegen, mir von diesem Traum eine Ballade zu schreiben; sie soll Zettels Traum heißen, weil sie so seltsam angezettelt ist…«
Quelle
Shakespeare • 1598 • Ein Sommernachtstraum
»Dieser Vertraute, den ich aus meiner eigenen Seele herauslöste und allein aussandte, um seinem Vergnügen nachzugehen, war ein von Grund auf boshaftes und schändliches Geschöpf; all seine Handlungen und Gedanken waren selbstisch. Mit tierischer Gier sog er Genuß aus der Qual anderer, unbarmherzig wie ein Steinbild.«
Quelle
Robert Louis Stevenson • 1886 • Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
»Denn über die Gestalt der Götter, ihren Aufenthaltsort und Wohnsitz und über ihre Lebensweise wird vielerlei behauptet, und darüber herrscht bei den Philosophen ein erbitterter Meinungsstreit.«
Quelle
Cicero, De natura deorum / Über das Wesen der Götter • Lat./Dt. Übersetzt und hrsg. von U. Blank-Sangmeister. Stuttgart: Reclam, 2003, S. 7.
»Normalerweise sprechen Menschen über die Religion anderer, wie sie ist, während sie über ihre eigene reden, wie sie sein soll.«
Quelle
The Meaning an End of Religion. A New Approach to Religious Traditions of Mankind (1962), Fortress Press, 1993, Smith, Wilfred Cantwell, Minneapolis. Entnommen aus: Schliter, Jens, Was ist Religion? Texte von Cicero bis Luhmann, Reclam, 2018.
»Ist die Religion erst einmal zur ›Privatsache‹ geworden, kann das Individuum nach freiem Belieben aus dem Angebot ›letzter‹ Bedeutungen wählen. Geleitet wird es dabei nur noch von den Vorlieben, die sich aus seiner sozialen Biographie ergeben.«
Quelle
Thomas Luckmann • Die unsichtbare Religion (1967), Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1991.
»Könnten wir also das Leben selbst auf Jahrhunderte dehnen,
Ewig würde doch währen der Tod, und für jenen, der heute
Schied aus dem Tageslicht, wird das Nichtsein kürzer nicht dauern
Als für den, der schon Monde zuvor und Jahre verstorben.«
Quelle
Lukrez • Von der Natur. Übers. von Hermann Diels. Eingef. und erl. von Ernst Günther Schmidt, Deutscher Taschenbuch, 1991, München.
»Da jede Wirkung eine Ursache voraussetzt und diese wiederum eine andere, bis wir zu der ersten Ursache von allem kommen, die die Gottheit ist, so ist alles, was sich ereignet, von ihr angeordnet, und nichts kann Gegenstand ihrer Strafe oder Rache sein.«
Quelle
David Hume, Über die Unsterblichkeit der Seele, Die Naturgeschichte der Religion. Über Aberglaube und Schwärmerei. Über die Unsterblichkeit der Seele. Über Selbstmord, Lothar Kreimendahl (Hrsg.), Hamburg, Felix Meiner Verlag, 2000, S. 79-87.
»Da nun der Wille das Ding an sich ist, der innre Gehalt, das Wesentliche der Welt; das Leben, die sichtbare Welt, die Erscheinung, aber nur der Spiegel des Willens ist; so wird diese den Willen so unzertrennlich begleiten, wie den Körper sein Schatten: und wenn Wille da ist, wird auch Leben, Welt daseyn.«
Quelle
Arthur Schopenhauer, Metaphysik der Sitten. Philosophische Vorlesungen. Teil IV, Volker Spierling (Hrsg.), Piper, 1988 München/Zürich, S. 60-74.
»Wie wir der Natur der Abstraktion, des Geistes gemäß alles abbrevieren, verkürzen, verallgemeinern, das Wirkliche mit Weglassung seiner unendlichen Einzelheiten und Verschiedenheiten in ein Bild, eine Vorstellung, einen Begriff zusammenfassen, so fassen wir auch in der Vorstellung das unendliche, reiche, langwierige und oft sehr langweilige Leben in ein verschwindendes Nu zusammen und ergänzen daher diese eingebildete Kürze durch eine ebenso eingebildete Dauer.«
Quelle
Ludwig Feuerbach, Die Unsterblichkeitsfrage vom Standpunkt der Anthropologie, in: Kleinere Schriften III (1846-1850), Werner Schuffenhauer (Hrsg.), Akademie, 1971, Berlin, S. 210-224.
»Es gibt keine magische Kirche.«
Quelle
Émil Durkheim • Die elementaren Formen des religiösen Lebens (1912), Suhrkamp, 1981, Frankfurt am Main.
»Der Typus ›moderner Mensch‹ hält vom Fortleben vor allem darum nicht viel, da er den Kern und das Wesen des Todes im Grunde leugnet.«
Quelle
MAX Scheler • TOD UND FORTLEBEN. Schriften aus dem Nachlass, Bd. I, 1957, Bonn. S. 15.
»Nach unseren Begriffen sollte die Strafe dem Vergehen angemessen sein. Warum dann ewige Strafen für die zeitlichen Vergehen eines so schwachen Geschöpfes wie des Menschen?«
Quelle
David Hume, Über die Unsterblichkeit der Seele, Die Naturgeschichte der Religion. Über Aberglaube und Schwärmerei. Über die Unsterblichkeit der Seele. Über Selbstmord, Lothar Kreimendahl (Hrsg.), Hamburg, Felix Meiner Verlag, 2000, S. 79-87.
»Die Form des Daseyns, d.h. die Art wie der Wille sich erscheint, ist eine endlose unbewegliche Gegenwart.«
Quelle
Arthur Schopenhauer, Metaphysik der Sitten. Philosophische Vorlesungen. Teil IV, Volker Spierling (Hrsg.), Piper, 1988 München/Zürich, S. 60-74.
»Jede neue Lebensstufe ist der Tod der früheren. Wo ist die Seele meiner Kindheit, meiner Jugend? Bei Gott im Himmel oder auf einem Stern? Nein, sie ist so wenig mehr, als ich selbst eins nach meinem Tode noch sein werde. Der Tod ist nicht mehr negativ, vernichtend gegen mich, als ich als Mann vernichtend bin gegen mich als Kind und Jüngling.«
Quelle
Ludwig Feuerbach, Die Unsterblichkeitsfrage vom Standpunkt der Anthropologie, in: Kleinere Schriften III (1846-1850), Werner Schuffenhauer (Hrsg.), Akademie, 1971, Berlin, S. 210-224.
»Tod kann Tiefe nur haben, wenn keine Flucht zu ihm strebt.«
Quelle
Karl Jaspers, Philosophie. Zweiter Band: Existenzerhellung, Berlin, Julius Springer, 1932, S. 220-229.
»Die Freiheit, die meine Freiheit ist, bleibt ganz und unendlich; nicht daß der Tod sie nicht begrenze, sondern weil die Freiheit niemals über diese Grenze trifft, ist der Tod durchaus kein Hindernis für meine Entwürfe; er ist bloß ein Schicksal, anderswo als diese Entwürfe.«
Quelle
Jean-Paul Sartre, Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie, Reinbeck bei Hamburg, Rowohlt, 1993, S. 670-690.
»Zaudern und Unentschlossenheit zeugen nämlich von innerer Spannung und Unbeständigkeit.«
Quelle
Seneca, Vom glücklichen Leben, in: Handbuch des glücklichen Lebens. Philosophische Schriften. Aus dem Lat. übers. und hrsg. von Heinz Berthold, Anaconda, Köln 2011, S. 139.
»Der Mensch erkennt, daß er elend ist. Er ist also elend, weil er es ist, aber er ist sehr groß, weil er es erkennt.«
Quelle
Blaise Pascal: Gedanken über die Religion und einige andere Themen. Hrsg. von Jean-Robert Armogathe. Aus dem Frz. übers. von Ulrich Kunzmann. Stuttgart: Reclam, 1997, vmtl. S. 84f.
»Unselige, grausame Menschenverachtung! Sie war es selbst, die jene traurige Erscheinungen der Unwissenheit und Sklaverei unter der Menge verewigte, indem sie den Ehrgeizigen zuerst über seinesgleichen hob […].«
Quelle
Georg Forster: Über die Beziehung der Staatskunst auf das Glück der Menschheit und andere Schriften. Hrsg. von Wolfgang Rödel. Frankfurt am Main: Insel Verlag 1966, vmtl. S. 149f.