»Hier aus dem reinen Äther seiner dämonischen Natur rinnt die Quelle der Schönheit herab, unangesteckt von der Verderbniß der Geschlechter und Zeiten, welche tief unter ihr in trüben Strudeln sich wälzen.«
Quelle
Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Mit den Augustenburger Briefen hrsg. von Klaus L. Berghahn. [Neuner Brief]. Stuttgart: Reclam 2000, S. 33-37.
Monat: Oktober 2022
»Die Gerechtigkeit ist absolut, unwandelbar, nicht der Stufenleiter des Mehr oder Weniger unterworfen; sie ist das unverletzliche Maaß aller menschlichen Handlungen.«
Quelle
Pierre-Joseph Proudhon: Die Gerechtigkeit in der Revolution und in der Kirche. Neue Principien praktischer Philosophie. Übers. von Ludwig Pfau. Hamburg: Meißner und Zürich: Meyer & Zeller 1858, S. 205.
»Das Weinen entsteht, wenn man sich irgendeiner starken Hoffnung plötzlich beraubt sieht. Die durch die Hoffnung ausgebreiteten Lebensgeister werden durch die plötzliche Enttäuschung der Hoffnung zusammengezogen, greifen die Tränendrüsen an und treiben die Flüssigkeit, die sich in ihnen befindet, in die Augen, so daß sie übergehen.«
Quelle
Hobbes, Thomas: Vom Menschen. Vom Bürger. Eingeleitet und hrsg. von Günter Gawlick. Hamburg: Meiner 1959, S. 33.
»Wegen des Mangels an Vernunft, also an Allgemeinbegriffen, ist das Thier, wie der Sprache, so auch des Lachens unfähig.«
Quelle
Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. Bd. 2. Stuttgart: Reclam 1987, zwischen S. 124 o. 136.
»Diese Wahrheit nun, daß das Subjekt die Macht ist, die allen Gehalt in sich hat und neben welcher es nichts Selbständiges gibt, wird durch das Komische für sich hervorgehoben und in furchtlosem Freiheitsgefühl an allem, was sich erhaben anlassen will, eine heitere Rache vollzogen.«
Quelle
Friedrich Theodor Vischer: Über das Erhabene und Komische – und andere Texte zur Ästhetik. Einl. von Willi Oelmüller. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1967, S. 182f.
»Das Erhabene ruft das Komische hervor als sein notwendiges Gegenbild, als seine durch das Bedürfnis der ästhetischen Vorstellungsweise gebotene Ergänzung, denn jede Erhabenheit ist einseitig und unterdrückt oder überfliegt irgendeine berechtigte Seite der Menschennatur.«
Quelle
Kuno Fischer: Über den Witz. Ein philosophischer Essay [1871]. Tübingen: Klöpfer und Meyer 1996, S. 27-30.
»Alle bewußt gestaltete Komik des Humoristen ist so durchaus Nachbildung der charakteristischen Täuschungen, denen wir im Leben unterliegen; sei es, daß sie uns angetan werden – von Menschen, die uns täuschen wollen, – oder von ungefähr geschehen und nur unserer Unachtsamkeit zur Last fallen. Hier liegt ja auch der Grund, warum umgekehrt uns die vielen kleinen Täuschungen im Leben wie ein intrigantes Spiel erscheinen, welches mit uns getrieben wird, sei es von einem teuflisch-boshaften Wesen oder von einer schalkhaft lächelnden, sich und uns amüsierenden Gottheit …«
Quelle
Nicolai Hartmann: Ästhetik. [1953.] Berlin: de Gruyter 1966, S. 444f. – © Walter de Gruyter GmbH Co. KG, Berlin, New York. All rights reserved.
»Strenggenommen gibt es so etwas wie Vergeltung oder Rache gar nicht. Rache ist eine Handlung, die man begehen möchte, wenn und weil man machtlos ist: Sobald aber dieses Gefühl des Unvermögens beseitigt wird, schwindet auch der Wunsch nach Rache.«
Quelle
Watzlawik, Paul, Anleitung zum Unglücklichsein, München/Zürich, Piper Verlag, 1987 [1983], S. 68.
»Philosophie ist das Gegenteil aller Beruhigung und Versicherung. Sie ist der Wirbel, in den der Mensch hineingewirbelt wird, um so allein ohne Phantasie das Dasein zu begreifen. Gerade weil diese Wahrheit solchen Begreifen ein Letztes und Äußerstes ist, hat sie die höchste Ungewißheit zur ständigen und gefährlichen Nachbarschaft. Kein Erkennender steht jeden Augenblick so hart am Rande des Irrtums wie der Philosophierende.«
Quelle
Heidegger, Martin: Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit. Freiburger Vorlesung Wintersemester 1929/30. Herausgegeben von Friedrich-Wilhelm von Herrmann. Klostermann RoteReihe. Band 6. Frankfurt am Main: Klostermann 2010, S. 29.
»Tradition, das ist die Behauptung, dass das Gesetz bereits seit uralte Zeiten bestanden habe, dass es pietätlos, ein Verbrechen an den Vorfahren sei, es in Zweifel zu ziehn.«
Quelle
FRIEDRICH Nietzsche • Der Antichrist (1969) S. 239f.
»Ich fragte mich, ob die Ruhe auf dem Antlitz der Unendlichkeit, die uns anblickte, als Bitte oder als Drohung gemeint war. Wer waren wir, die wir hier eingedrungen waren? Konnten wir das ungefüge Ding handhaben oder würde es uns handhaben? Ich fühlte plötzlich, wie groß, wie unheimlich groß das Ding war, das nicht sprechen konnte und vielleicht ebensowenig hören. Was war dort drin?«
Quelle
Joseqh Conrad • Das Herz der Finsternis
»Zugreifen ist doch der natürlichste Trieb der Menschheit. Greifen die Kinder nicht nach allem, was ihnen in den Sinn fällt? – Und ich?«
Quelle
Goethe • Die Leiden des Jungen Werther
»Es ist das eigne wunderbare Heraustreten aus sich selbst, das die Anschauung des eignen Ichs vom andern Standpunkte gestattet, welches dann als ein sich dem höheren Willen schmiegendes Mittel erscheint, dem Zweck zu dienen, den er sich als den höchsten, im Leben zu erringenden gesetzt.«
Quelle
E.T.A. Hoffmann • Die Elixiere des Teufels (1815)
»Nein, wozu ein Mensch auch so ohne weiteres kommen mag, und was da auch so ohne weiteres kommt: eines bestimmt nicht, Glauben und Weisheit.«
Quelle
SØREN Kierkegaard 2005 (1849) • Die Krankheit zum Tode • München: Deutscher Taschenbuch, S. 88.
»Was krank ist, und was gesund, mein Junge, darüber soll man dem Pfahlbürger lieber das letzte Wort nicht lassen. Ob der sich so recht aufs Leben versteht, bleibt eine Frage. Was auf dem Todes-, dem Krankheitswege entstanden, danach hat das Leben schon manches Mal mit Freuden gegriffen und sich davon weiter und höher führen lassen.«
Quelle
Thomas Mann • 2013 • Doktor Faustus (1947) • Fischer Verlag, S. 316f.
»Wird er bleiben und das ungefähre Leben nachlügen, das sie ihm zuschreiben, und ihnen allen mit dem ganzen Gesicht ähnlich werden? Wird er sich teilen zwischen der zarten Wahrhaftigkeit seines Willens und dem plumpen Betrug, der sie ihm selber verdirbt? Wird er es aufgeben, das zu werden, was denen aus seiner Familie, die nur noch ein schwaches Herz haben, schaden könnte? Nein, er wird fortgehen.«
Quelle
Rilke • Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910)
»Der Lenz, der Sommer,
Der zeitigende Herbst, der zornge Winter,
Sie alle tauschen die gewohnte Tracht,
Und die erstaunte Welt erkennt nicht mehr
An ihrer Frucht und Art, wer jeder ist.
Und diese ganze Brut von Plagen kommt
Von unserm Streit, von unserm Zwiespalt her;
Wir sind davon die Stifter und Erzeuger.«
Quelle
Shakespeare • Ein Sommernachtstraum (1598)
»Und da ist noch etwas, wenn ich es nur beim Namen nennen könnte. Bei Gott, der Mann scheint nichts Menschliches an sich zu haben! Etwas von einem Höhlenbewohner, möchte ich sagen. Oder ist es der bloße Widerschein eines ruchlosen Charakters, der auf diese Weise seine wahre Wesensart offenbart und Gestalt gewinnt? Dies letztere wird es sein; denn ach, mein armer alter Henry Jekyll, wenn je ein Antlitz vom Satan gezeichnet war, so ist es das deines neuen Freundes!«
Quelle
Robert Louis Stevenson – Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde [1886]
»Wenn der Mächtge dein begehrt, Bist du ihm als Freund was wehrt, Wie die Noth von ihm gewichen, Ist die Freundschaft auch erblichen.«
Quelle
Ludwig Tieck • Der getreue Eckart und der Tannhäuser [1799/1812]
»Alle Gruppenmitglieder tragen gemeinsam zu einer umfassenden Bestimmung der Situation bei, die weniger auf echter Übereinstimmung über die Realität beruht als auf echter Übereinstimmung darüber, wessen Ansprüche in welchen Fragen vorläufig anerkannt werden sollen.«
Quelle
Erving Goffman, Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag, Piper, 2019, München, S. 13
»Religion ist, was immer sie noch sein mag, die Gesamtreaktion eines Menschen auf das Leben. Warum sollte man daher nicht sagen, daß jede Gesamtreaktion auf das Leben eine Religion ist?«
Quelle
WILLIAM JAMES • Die Vielfalt der religiösen Erfahrung (1902), Suhrkamp, 1997, Frankfurt am Main.
»Das Loslassen, die Gelassenheit, ist im übrigen eine Haltung, die wir uns nicht nur dem Tod gegenüber wünschen, sondern in allem unseren Tun und Trachten, und doch wissen wir, daß die Gelassenheit, wenn sie nicht nur als Grenzmöglichkeit verstanden wird, zur Gleichgültigkeit und Apathie führen würde.«
Quelle
Ernst Tugendhat, Gedanken über den Tod, Philosophie in synthetischer Absicht. Synthesis in Mind, Mercelo Stamm (Hrsg.), Stuttgart, Klett-Cotta, 1998, S. 487-512.
»Himmel und Hölle setzen zwei verschiedene Arten von Menschen voraus, die guten und die bösen. Aber der größte Teil der Menschheit schwankt zwischen Laster und Tugend. Wenn jemand in der Absicht die Welt durchwandern wollte, den Rechtschaffenen eine gute Mahlzeit und den Bösen eine ordentliche Tracht Prügel zu geben, so würde ihm die Wahl häufig schwerfallen und er würde feststellen, daß Verdienst und Schuld der meisten Männer und Frauen kaum groß genug sind, um weder das eine noch das andere zu rechtfertigen.«
Quelle
David Hume, Über die Unsterblichkeit der Seele, Die Naturgeschichte der Religion. Über Aberglaube und Schwärmerei. Über die Unsterblichkeit der Seele. Über Selbstmord, Lothar Kreimendahl (Hrsg.), Hamburg, Felix Meiner Verlag, 2000, S. 79-87.
»Wie aber auf der Erdkugel überall oben ist; so ist auch die Form alles Lebens Gegenwart: und den Tod fürchten, weil er uns die Gegenwart entreißt, ist nicht weiser, als fürchten, man könne von der runden Erdkugel, auf welcher man jetzt glücklicherweise grade oben steht, hinuntergleiten.«
Quelle
Arthur Schopenhauer, Metaphysik der Sitten. Philosophische Vorlesungen. Teil IV, Volker Spierling (Hrsg.), Piper, 1988 München/Zürich, S. 60-74.
»Gleichwohl verneint der Jüngling das Kind, der Mann den Jüngling; es ist ihm nichts mehr, was ihm einst alles war.«
Quelle
Ludwig Feuerbach, Die Unsterblichkeitsfrage vom Standpunkt der Anthropologie, in: Kleinere Schriften III (1846-1850), Werner Schuffenhauer (Hrsg.), Akademie, 1971, Berlin, S. 210-224.
»Lebensgier relativiert die existentielle Angst, vernichtet Existenz und bringt die ratlose Angst vor dem Tod hervor.«
Quelle
Karl Jaspers, Philosophie. Zweiter Band: Existenzerhellung, Berlin, Julius Springer, 1932, S. 220-229.
»So ist der Tod nicht meine Möglichkeit, Anwesenheit in der Welt nicht mehr zu realisieren, sondern eine jederzeit mögliche Nichtung meiner Möglichkeiten, die außerhalb meiner Möglichkeiten liegt.«
Quelle
Jean-Paul Sartre, Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie, Reinbeck bei Hamburg, Rowohlt, 1993, S. 670-690.
»Natürlich wäre es euch am liebsten, wenn es keine Guten gäbe, wird doch fremde Tugend gewöhnlich als Vorwurf gegen alle Schurkereien empfunden.«
Quelle
Seneca, Vom glücklichen Leben, in: Handbuch des glücklichen Lebens. Philosophische Schriften. Aus dem Lat. übers. und hrsg. von Heinz Berthold, Anaconda, Köln 2011, S. 152.
»Ich malte schwarz, doch dichtern Flor
Zög’ ich dem Bilde lieber vor.«
Quelle
Johann Wolfgang von Goethe, Faust: Band I: Texte, Frankfurt am Main, Dt. Klassiker-Verlag, 2005, S. 207f. Faust II – Szene ›Kaiserliche Pfalz‹
»Aber es gehört zu jeder Untersuchung des pflichtgemäßen Handelns, immer vor Augen zu haben, wie sehr die Natur des Menschen das Vieh und die übrigen Tiere übertrifft; jene empfinden nichts als Vergnügen, und auf dieses stürzen sie sich mit aller Kraft, der Geist des Menschen aber wächst durchs Lernen und Denken, er erforscht immer irgend etwas, handelt oder läßt sich durch die Freude am Sehen und Hören leiten.«
Quelle
Cicero, Marcus Tullius, De officiis / Vom pflichtgemäßen Handeln. Lat./Dt. Übers., komm. und hrsg. von Heinz Güntermann. Stuttgart, Reclam, 1976,
»Wir stehen weder über noch unter den übrigen Geschöpfen: alles, was unter dem Himmel ist, sagt der Weise, hat einerlei Gesetz und einerlei Los […].«
Quelle
Michel de Montaigne: Essais. Ausw. und Übers. von Herbert Lüthy. Zürich: Manesse Verlag, 1953. S. 435. – © 1953/2000 Manesse Verlag, Zürich, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.